- Maßstab:
- 1/18
- Hersteller des Modellautos:
- Replicarz und BOS
- Marke des Vorbildes:
- Railton und Mercedes
Diesmal möchte ich zwei Giganten aus dem goldenen Zeitalter des Geschwindigkeitsweltrekords vorstellen. Ende der 1930er Jahre hatte in Deutschland Hans Stuck den absoluten Geschwindigkeitsweltrekord im Visier. Stuck fand beim NS-Regime ein offenes Ohr und klopfte mit staatlicher Unterstützung an Mercedes' Tür. Designer dieses Gefährt waren Ferdinand Porsche und Josef Mickl.
In London hatte auch Pelzhändler und Brooklands-Fahrer John Cobb den absoluten Geschwindigkeitsrekord ins Visier genommen. Deshalb ließ er Reid Railton ein komplett neues Auto entwerfen. Cobb benannte dieses Auto selbstlos nach seinem Designer: Railton (Mobil) Special. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre entwickelt, sollte dieses Auto 1938, 1939 und nach dem Krieg 1947 den Geschwindigkeitsweltrekord brechen. Der Railton Special ist damit einer der erfolgreichsten Rekordbrecher und hat im Gegensatz zum T80, auch aufgrund der Umstände, was er verspricht, gehalten.
Vergleichen wir beide Autos.
Es gibt mehrere Ähnlichkeiten. Beide Autos sind in Größe und Gewicht bemerkenswert ähnlich (Railton Special 8,74 m und 2860 kg, T80 8,23 m und 2896 kg). Beide verwenden Flugmotoren, die zu dieser Zeit viel stärker waren als alle verfügbaren Automotoren. Beide nutzen den Vierradantrieb, um die große Kraft auf die Straße zu bringen. Und für beide steht ein begnadeter Ingenieur am Ursprung des Entwurfs: Ferdinand Porsche und der hier zu Unrecht viel weniger bekannte Reid Railton.
Die Bilder vom Railton Special sind aus diesem hervorragendem Buch
Allerdings gibt es auch Unterschiede. Zunächst einmal gibt es große Unterschiede in den verfügbaren Ressourcen. Das Railton Special wird von John Cobb, einem wohlhabenden Pelzhändler, finanziert. Es handelt sich also um ein privates Projekt mit begrenztem Budget. Bei der Entwicklung des T80 wird Porsche über Mercedes vom Regime finanziell unterstützt.
Dieser Budgetunterschied spiegelt sich beispielsweise in der Wahl der Motoren wider. Railton verwendet zwei bereits veraltete, denn bereits 1917 entwickelte Napier Lion W12-Flugmotoren mit jeweils 24 Litern Hubraum und 1250 PS. Diese Motoren werden von der Motorboot-Rennfahrerin Marion ‘Joe’ Carstairs
gespendet, einer sehr auffälligen Gesellschaftsfigur. Für den T80 ist ein Mastodon mit 3000 PS geplant: DB 603, ein 44l V12 mit V-Winkel von 300 Grad.
Der Unterschied bei den Motoren führt auch zu Unterschieden im Antriebsstrang. Das enorme Drehmoment des Mercedes-Motors macht laut Porsche ein Getriebe überflüssig. Eine riesige Rutschkupplung wird verwendet, um das Auto auf Touren zu bringen, woraufhin eine zweite Kupplung eine starre Verbindung zwischen Kurbelwelle und Antriebswelle bei der richtigen Geschwindigkeit oder Drehzahl herstellt. Eine mechanische Traktionskontrolle soll das Durchdrehen der vier Hinterräder verhindern: Über flexible Kabel werden die Drehungen der Vorder- und Hinterräder in ein Mini-Differential geleitet. Bei einem Geschwindigkeitsunterschied zwischen den beiden (weil die Hinterräder die Traktion verlieren) wird das Gas automatisch reduziert.
Railton stattet den Wagen mit zwei Getrieben aus, verzichtet aber auf Kupplungen und Schwungräder. Dies wird sich als Schwachpunkt herausstellen: Beim Schalten bricht die Drehzahl der Motoren ein, so dass sie abzuwürgen drohen. Später entwickelt er einen Mechanismus mit Freilaufkupplungen und Nebenwellen, der ein Einbrechen der Drehzahl beim Hochschalten verhindert.
Der Hauptunterschied zwischen den beiden Autos liegt in der Art und Weise, wie all dies unter einer aerodynamischen Karosserie zusammengeführt wird. Railton geht dabei viel weiter als Porsche und zeigt mehr Ideenreichtum. Wohlgemerkt: Das war vor achtzig Jahren! Wo der Mercedes ein relativ konventionelles Chassis hat, bei dem der Motor hinter dem Fahrer platziert ist und die 4 Hinterräder angetrieben werden, gibt Railton alle Konventionen von damals auf.
In der Mitte befindet sich ein S-förmiges „Rückgrat“-Chassis. Die Motoren sind beidseitig diagonal gegenüberliegend aufgehängt. Der abgewinkelte Heckmotor treibt die Vorderräder und der Frontmotor die Hinterräder an. Sehen Sie in der obigen Zeichnung, wie effizient diese Einrichtung ist. Der Fahrer sitzt ganz vorne im Auto. Ein Kühler fehlt, da die Kühlung über einen Eistank erfolgt.
Schließlich die Aerodynamik. Auch hier gibt es Unterschiede. Der T80 ist eines der ersten Autos, das aerodynamische Hilfsmittel verwendet, um Abtrieb zu erzeugen. Dazu werden zwei Flügelprofile auf beiden Seiten der Karosserie verwendet. Die verlängerten Radhäuser sorgen für Stabilität wie eine Art Heckflächen. Der Railton hat die ultimative Tropfenform. Railton ist von der Stabilität des Wagens so überzeugt, dass er auf eine Heckflosse verzichtet.
Letztlich ist John Cobb mit dem Railton Special sowohl vor als auch nach dem Krieg erfolgreich. 1938 wechseln er und sein Freund George Eyston in Thunderbolt, einem achträdrigen Mastodon mit 5000 PS, als Rekordhalter. 1939 bricht Cobb erneut den Rekord. 1947 stellte er mit dem in Railton Mobil Special umbenannten Wagen einen Rekord von 634,39 km/h auf. Der T80 wird nie laufen. Es ist höchst fraglich, ob der T80 den Railton Special hätte schlagen können. Schon sein erster Rekord lag über der anfänglichen Zielgeschwindigkeit des T80 und zwang Porsche zu einer Anpassung der Ziele.
Beide Modelle sind im Wesentlichen Resinblöcke, die vor allem durch ihre Größe und die perfekte Lackierung beeindrucken.
Sicherheit stand bei der Konstruktion nicht im Vordergrund! Mit 634 km/h, in der Nase eines fast 3 Tonnen schweren Autos sitzend (wie ein Busfahrer ) und null Schutz, bis auf eine hauchdünne Aluminiumhülle....
Bewegte Bilder einer Rekordfahrt: Bonneville 1947
John Cobb starb einige Jahre später in einem ebenfalls von Reid Railton entworfenen Boot: Crusader